Angekommen


Mauri! Meine erste Woche in Kiribati ist um, und der Schock lässt langsam nach. Schon auf der Fahrt vom Flughafen zu unserem Haus musste ich feststellen, dass ich mir, allen noch so detaillierten Beschreibungen zum Trotz, nicht annähernd hatte vorstellen können, was mich hier erwartet. Die Armut und die Überbevölkerung stehen in einem krassen Gegensatz zum blauen Meer und den vielen grünen Palmen.  Der nächste Schock kam nachmittags im Supermarkt, zum einen bezüglich des Angebots, einer sehr zufällig zusammengestellten Auswahl, die irgendwie keine Mahlzeit ergibt. Das, zum anderen, zu Preisen, die jeden Nordseeinsel-Edeka wie einen Schnäppchenladen aussehen lassen und die eine sofortige Erklärung dafür liefern, warum die Bevölkerung sich hier überwiegend von Reis und Zucker ernährt (mit verheerenden Folgen für ihre Gesundheit).
Dienstagabend durften wir bei unserer Rückkehr unsere Mitbewohnerin, ich nenne sie Lotteluise, kennenlernen, sie ist pelzig, hat einen nackten Schwanz und lebt mit ihren Geschwistern unter der Küche. Seit Donnerstag haben wir sie nicht mehr gesehen, freuen uns aber, dass ihr die ausgelegten Henkersmahlzeiten so vorzüglich zu schmecken scheinen. In vier Wochen bekommen wir eine weitere Mitbewohnerin, dann zieht nämlich eine Familie von hier weg, die dringend ein neues Zuhause für ihre entflöhte und entwurmte Katze sucht. Wir freuen uns schon sehr!

Wenn man sich dann langsam gewöhnt hat, ist es aber doch sehr schön hier. Der Garten geht bis an die Lagune*, man blickt also vom Sofa aus aufs Meer. Die Farben ändern sich je nach Wetterlage, heute ist es hellblau, und gerade läuft das Wasser ab. Manchmal ist es auch türkis. Oder dunkelblau. Wir haben Palmen im Garten und es scheint meistens die Sonne, bei einer leichten Brise.

Die erste Woche hier stand ganz im Zeichen des Schuljubiläums, und so habe ich soziale Verpflichtungen wahrgenommen wie sonst in einem halben Jahr nicht. Mittwochabend ein Essen mit dem Arbeitsminister und der neuseeländischen Delegation. Donnerstagabend ein großer Empfang  mit dem Präsidenten und traditionellen Tänzen zu Ehren der deutschen und der neuseeländischen Delegation. Freitagabend Empfang in der neuseeländischen High Commission.
Ab Samstagnachmittag die hochoffiziellen Feierlichkeiten zum Schuljubiläum mit Parade, praktischen Demonstrationen auf dem Schulgelände, Cocktailempfang und abendlichem Bankett.
Am Sonntag ein Ausflug nach Nord-Tarawa mit dem Boot, erneut mit allen Delegationen in vier sorgsam dem Protokoll folgend zugeteilten Booten.
Jetzt ist Montag, das Internet funktioniert, die Sonne scheint und die Ratten hatten noch keinen Auftritt, nicht mal einen Gecko habe ich bislang gesehen. Die Lagune ist leer, gerade war Ebbe. Heute Nachmittag kaufe ich mir eine SIM-Karte und dann kann der Alltag anfangen.  

*Baden sollte man in der Lagune allerdings nicht, es sei denn, man schwimmt sonst gern in Kläranlagen. Die E-Coli-Konzentration ist enorm.



Unser Vorgänger hat nur das Nötigste mitgenommen. Den Rest hat er uns hinterlassen.
Der Blick in unseren Garten - einschließlich der Verbindung in die weite Welt dort draußen.

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