Kiribati kulinarisch

Oder 100 Rezepte mit Auberginen

Ein Bericht fehlt hier noch, und gemessen an meiner Begeisterung für gutes Essen kommt er erstaunlich spät. Dass die Versorgungslage auf einem Atoll nicht die beste ist, davon Habich schon erzählt. Konkret bedeutet es für den I-Matang-Koch, sich ein bisschen umzustellen und mit dem zu arbeiten, was vorhanden ist. Meistens vorhanden sind Tiefkühlgemüse, Reis, Pasta und tiefgefrorenes, enorm zähes Rindfleisch aus Fidschi. Ebenfalls meistens vorhanden sind Softdrinks, Bier und Wein. Mit weiteren Getränken wird es schwieriger - Milch und Saft gehen auch durchaus mal aus, man bevorratet sich also, wenn sie verfügbar sind. Zwiebeln, Karotten und Äpfel kommen im Schiffscontainer - auch hierfür gilt allerdings das Glücksprinzip. Immer verfügbar ist frischer Fisch auf dem Markt und sashimi-grade Tunfisch tiefgefroren - für 12,50 Australische Dollar  (ca. 8 Euro) pro Kilo. Zum Vergleich: Der gleiche Tunfisch kostet, so man ihn denn bekommen kann, in einem Feinkostgeschäft in Hamburg etwa 50 Euro pro Kilo. Bananen werden mit der Fähre aus den nördlichen Gilbertinseln gebracht. Sie verhalten sich zu in Deutschland erhältlichen Bananen ungefähr so wie winterliche Gewächshauserdbeeren zu den im Juni selbst gepflückten.

Weitere frische Waren bekommt man an den Markständen, hier verkaufen Dorfgemeinschaften das, was sie zusammen anbauen. Angebot und Preise variieren,  aber immer mal wieder bekommt man hier Gurke, kleine Tomaten und Kürbis. Das allerdings für Preise, die man zuhause niemals bereit wäre zu zahlen. Häufig bekommt man Auberginen und fast immer einen grünen Kohl, den man zur Not gut gewaschen als Salat essen kann. Die Auberginen sind die kulinarische Rettung: Aubergine Satay, gefüllt, gebraten, als Dip, im Curry, auf der Pizza, in der Pastasauce - die Möglichkeiten sind endlos. Die Rettung - sowohl kulinarisch als auch ernährungsphysiologisch - sind übrigens Dosentomaten. Sie kommen, wie vermutlich alle Dosentomaten dieser Welt, aus Sizilien. Fleisch und Käse bringt man sich als I-Matang mit. Wenn man einen I-Matang die Gepäckausgabe am Flughafen ohne eine Kühltasche verlassen sieht, dann ist das entweder ein Neuankömmling oder jemand, der nur eine Woche bleibt.

Nun könnte man zu Recht darauf hinweisen, dass man sich von seinem hohen Ross begeben und den örtlichen Gegebenheiten anpassen sollte. In der Tat. Allerdings besteht die Ernährung der I-Kiribati vor allem aus nicht-angereichertem Reis und Fisch. Gemüse kommt kaum vor, und Abwechslung ist ein Fremdwort. Beliebte Snacks sind stark zuckerhaltiges Wassereis (dessen Plastikverpackungen auf den Boden geworfen werden) und "instant noodles", chinesische Nudeln, die häufig trocken direkt aus der Tüte gegessen werden.

Nicht immer ist die Ernährung so eintönig. Wenn es ein Fest, einen "butaki", gibt, dann wird ein riesiges Buffet aufgefahren. Dann gibt es köstliche Brotfruchtchips, verschiedene Varianten Fisch und Fleisch (kein Butaki ohne Hühnerbeine!) und, wenn man Glück hat, neben dem Tiefkühlgemüse sogar noch etwas frisches wie Coleslaw. Was den Buffetgang angeht, müssen klare Regeln eingehalten werden. Zuerst geht, wenn er dabei ist, der Präsident. Dann seine Minister und dann kommen, bevor die Frauen der Minister oder gar die Staatssekretärinnen dran sind, die I-Matangs. An dieser heiligen Ordnung zu rütteln habe ich nur einmal versucht, es führte nur dazu, dass die Frau des Ministers, die ich vor mich in die Schlange winken wollte, noch später etwas zu essen bekam und alle  hinter mir in der Schlange Stehenden auch. Wichtig sind die Mengen, denn unbedingt müssen hinterher alle etwas mit nach Hause nehmen können. Ich habe mehr als einmal gesehen, wie einem Minister ein mit Alufolie eingewickelter Teller hinten ins Auto gereicht wurde. Der persönliche Assistent eines bestimmten Ministers ist sogar zumeist so gut vorbereitet, dass er seine eigene Rolle Alufolie mitbringt.

Kokoda - (https://www.radionz.co.nz/collections/recipes/kokoda)
Nur ein Mal konnten wir bislang eine Ahnung davon bekommen, wie das "echte", ursprüngliche Essen dieser Insel schmeckt. Letztes Jahr im November veranstaltete die Berio Lodge, das örtliche ex-pat waterhole, einen Pazifikabend. Dort gab es zum Beispiel Brotfruchtchips, Knödel aus Taro, einer Wurzel, Kokoda, in Kokosmilch eingelegten Fisch, und Pandanusfrucht. Diese Dinge werden durchaus zuhause serviert - in Haushalten, die einen Garten mit entsprechender Vegetation bewirtschaften. Auch hier ist wieder die Überbevölkerung das Problem, denn die Insel kann schon längst nicht mehr alle ihre Bewohner versorgen.

Als ich übrigens im Februar, nach vier Monaten Insel non-stop, in einem deutschen Supermarkt stand, wusste ich überhaupt nicht, für was ich mich entscheiden sollte. Fünf verschiedene Sorten Spaghetti sind eben auch nicht nötig.

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