Wie es weiter ging


Vermutlich über 80 Tote hat das Fährunglück gefordert. Berichten der Überlebenden zufolge war die Fähre überladen und ist nachts, noch gar nicht weit von der Küste entfernt, durchgebrochen. Die meisten Passagiere schliefen, versuchten dann aber, in die Rettungsinsel und die zwei Dinghis zu gelangen, die man noch zu Wasser lassen konnte. Die Rettungsinsel und das eine Dinghi kenterten sofort, das zweite Dinghi ist jenes, das am 28. Januar gefunden wurde.
Aus den Weltnachrichten ist die MV Butaroi schon lange verschwunden. Radio NZ Pacific berichtet immerhin noch, dass die Untersuchung nur schleppend voran kommt – das wundert vor Ort niemanden. Letzte Woche wurden drei Tage Staatstrauer angeordnet, die Angestellten des öffentlichen Dienstes trugen Schwarz und der Donnerstag wurde zum Feiertag erklärt. Feiertage kommen immer gut an.

Die Nachrichten mögen auch deshalb so spärlich sein, weil ausländische Journalisten, die über das Fährunglück berichten wollen, offenbar von den Behörden deutlich an ihren Recherchen gehindert werden. Zwei neuseeländische Journalisten von „Newshub NZ“ mussten ihre Reisepässe abgeben, das von ihnen gedrehte Material wurde von den Behörden gesichtet und in weiten Teilen vernichtet. Australischen Journalisten von ABC News, einem der größten australischen Mediennetzwerke, wurde gar nicht erst eine Drehgenehmigung erteilt. Unabhängige Journalisten hier im Land gibt es nicht – die Kiribati Broadcasting And Publication Authority ist staatlich und die einzige regelmäßig erscheinende Zeitung auch. Begründet wird die Einschränkung der ausländischen Journalisten damit, dass sie sich unsensibel gegenüber der Kultur der I-Kiribati verhalten hätten.

Unsensibel gegenüber der Kultur der I-Kiribati verhalten hat sich wohl tatsächlich ein Vertreter einer großen deutschen, öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt. Mit seinem Team drehte er im Oktober am MTC und in Nordtarawa Material für das Abendprogramm. Schon am MTC wunderte man sich über die Forderungen, die der Korrespondent stellte,  in Nordtarawa muss er dann allerdings sehr unangenehm aufgefallen sein. Er hat dort, so wurde uns von einem australischen Entwicklungshelfer berichtet, einen Gottesdienst massiv gestört und, als die Gottesdienstbesucher protestierten, sich abfällig über ihre Religionsgemeinschaft geäußert. Der Bericht wurde bis heute nicht gesendet, war aber offenbar als Beitrag zur COP23 geplant.

Das Verhalten dieses namhaften Auslandskorrespondenten mag einer der Gründe sein, weshalb einem vom deutschen Außenministerium geförderten Filmteam hier eine Drehgenehmigung verweigert wird, die schon erteilt war, dann aber zurückgezogen wurde. Sie ziehen nun weiter, dorthin, wo man über den Klimawandel noch sprechen darf. Denn auch das ist ein Problem: Um einen Präsidenten zu finden, der die Medien unterdrückt und den Klimawandel leugnet, muss man inzwischen nicht mehr nur nach Nordamerika blicken. Als der Präsident auf der COP23 in Bonn davon sprach, dass „Gott diese wunderschönen Inseln nicht untergehen lassen wird“, wurde das mit einem wohlwollenden Nicken abgetan, ein Abgeordneter der Opposition erinnerte daran, dass „Gott uns auch einen Verstand gegeben“ hat und wir diesen nutzen sollten. Mittlerweile senken Bekannte die Stimme, wenn sie „climate change“ sagen.

All dies zusammen genommen sorgt für eine eigenartige Stimmung im Land – als Gästen steht es uns nicht zu, uns in irgendeiner Weise einzumischen und gleichzeitig hoffen wir, dass die Bevölkerung selbst beginnt, ihre Forderungen lauter zu stellen. Die Chancen dafür stehen allerdings schlecht in einem Land, das sich über mehr als 30 Inseln verteilt und in dem Zugang zum Internet ein Luxusgut ist. 


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